Meine Geschichte

Um die verschiedenen Schwerpunkte meiner Arbeit zu verstehen, hilft es vielleicht, meine persönliche Geschichte zu kennen. Ich werde hier eine Ultra-Kurzfassung zusammenschreiben, weil es ja nicht den Rahmen sprengen soll.

Als alles begann…

Das Leben ist, was passiert, während man andere Pläne hat. So könnte man es wohl am besten sagen. Im Sommer 2011 ging es los, dass ich zunehmend mit Symptomen und Problemen zu kämpfen hatte. Ich bin damals noch als Pilotin geflogen, war unglaublich viel unterwegs, hatte einen sehr unsteten Alltag und nen riesigen Haufen Ausbildungsschulden im Nacken. Ich habe damals immer wieder gemerkt, das ich Probleme mit der Verdauung hatte, Durchfälle, Übelkeit, starke Bauch- und Kopfschmerzen und richtig Schlafprobleme. Ich kann gar nicht sagen, wie viele Nächte ich quasi halb durchgemacht habe – unfreiwillig – weil ich einfach nicht schlafen konnte. Vieles hab ich einfach auf den Stress und den Job geschoben, weil es einfach phasenweise wirklich sehr viel von einem abverlangt hat. General Aviation ist da etwas anders als Linienbetrieb, bei uns ist man teilweise für einen kurzen Umlauf über drei Tage aus dem Haus gegangen und kam dann nach über zwei Wochen das erste Mal wieder heim. Kein Wunder also, wenn man da nicht immer bester Gesundheit ist, denn auch Tage ohne richtige Pause oder regelmäßige Mahlzeiten, ausreichend Trinken und und und waren eher die Regel denn die Ausnahme.

Im September 2011 bin ich auf einen Umlauf nach Ibiza gestartet und eigentlich war alles “wie immer”, bis auf die Tatsache, dass ich auf dem Heimflug merkte, dass ich nicht nur ein Unwohlsein hatte, sondern richtige Konzentrationsprobleme. Man sitzt ja zum Glück immer zu zweit im Cockpit und man ist so dermaßen routiniert, trainiert und irgendwie auch fokussiert, dass man die Abläufe wie im Schlaf abspulen und abrufen kann. Aber als ich dann auf dem Weg vom Flughafen nach Hause war, habe ich gemerkt, dass ich auf dem Rückflug eigentlich kaum konzentriert war und mich an einzelne “Sachen” nicht mehr im Detail erinnern konnte. Eine meiner Routinen damals war es, nach den Flügen und nach Feierabend immer alles noch einmal Revue passieren zu lassen – sonst wäre es mir vielleicht gar nicht aufgefallen, dass was nicht gestimmt hat mit mir.

Obwohl ich es mir als Freelancer (mit festem Auftraggeber) eigentlich gar nicht leisten konnte, habe ich dann erst einmal die Notbremse gezogen und mir eine Auszeit genommen, weil ich damals dachte, dass es sicher nur der Stress ist und mit etwas Pause und Erholung (die ich zuvor ewig lange gar nicht hatte) sicher schnell wieder gut werden würde. Da hatte ich die Rechnung leider ohne den Wirt gemacht und der Flug nach Ibiza sollte der letzte gewesen sein.

Der Anfang vom Ende…

Mit der Auszeit, in der alles besser werden sollte, wurde es stattdessen schlimmer. Glücklicherweise hatte ich damals schon einen Nebenjob als Simulatorpilotin am Boden für die Ausbildung von Fluglotsen in Wien, den ich zeitlich ausbauen konnte, weshalb ich zumindest völlig ohne Einkommen dastand. Gesundheitlich ging es immer weiter den Bach runter und ich war wirklich nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich habe Therapie gemacht, war bei Ärzt*innen, aber nichts hat geholfen und irgendwann war dann auch klar, dass es wohl nicht nur der Stress und eine Überlastung war, sondern dass mehr dahinter stecken musste.

Von dem Gedanken, zeitnah ins Cockpit zurückzukehren, hatte ich mich zu dem Zeitpunkt schon verabschiedet – auch wenn ich nach wie vor die Hoffnung hatte, dass ich zumindest irgendwann wieder würde fliegen können. Nichts desto trotz habe ich damals ein Fernstudium als Journalistin und Fachjournalistin mit Zusatzschwerpunkt PR begonnen, um mich mit einem zweiten Standbein für den Notfall abzusichern. Im Sommer 2012 habe ich dann die zeitnahe Rückkehr ins Cockpit ad acta legen müssen und habe neben dem Job als Simulatorpilotin in einer Redaktion angefangen zu arbeiten.

Um das ganze abzukürzen (soll ja kein Roman werden), falle ich jetzt mal mit der Tür und den ersten Diagnosen ins Haus. Eines Tages saß ich nämlich am Schreibtisch und konnte plötzlich nichts mehr sehen, nur noch durch einen mini kleinen Punkt konnte ich etwas erkennen. Ich wurde sofort zum Arzt gebracht und hatte meine erste Aura. Damals tatsächlich ohne den “Migräneschmerz” in der Folge, aber damit begann meine Migräne-Karriere. Die Anfälle – mal mit Aura, mal mit Schmerzen, mal beides – wurden immer häufiger, aber ich kam zurecht.

Auch die Verdauungsbeschwerden mit Übelkeit und Durchfällen wurden immer mehr und ich habe zunehmend bemerkt, dass ich manche Lebensmittel nicht mehr vertragen konnte oder ich mit Gerüchen ein massives Problem hatte. Trauriger Höhepunkt war dann, als ich eines Tages einfach im Büro umgekippt bin. Der Schwindel und die Kreislaufbeschwerden hielten damals über mehrere Wochen, ich konnte nicht mal duschen, ohne dass jemand als Backup in der Nähe war. Auch wenn ich selbst damals die Hoffnung auf einen Weg zurück ins Cockpit noch nicht aufgeben wollte, so war das doch der Anfang vom Ende meiner Karriere als Pilotin.

Und dann wurde es immer schlimmer…

Eines Tages waren meine Arme und Beine plötzlich übersäht mit blauen Flecken. Das sah richtig schlimm aus, dabei hatte ich wirklich nichts gemacht und mich auch nicht gestoßen. Meine damalige Hausärztin, welche meine vorherigen Symptome aufgrund mangelnder körperlicher Ursachen als eine Belastungsdepression kategorisiert hatte, schickte mich dann sofort in die Hämatologie – Verdacht auf Leukämie.

Das Warten damals auf die Ergebnisse war wohl eine der schlimmsten Zeiten in meinem Leben. Ein solches Damoklesschwert wünsche ich wirklich niemandem! Glücklicherweise waren alle Tests negativ, woher meine blauen Flecken kamen, konnte mir niemand sagen. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits mehrere Wochen krank geschrieben und kurz darauf flatterte auch die Kündigung ins Haus. Für mich der Punkt, mir wirklich eine längere Auszeit zu nehmen und zu schauen, ob es am Ende doch der Stress sein könnte, der mich in die Knie zwingt. Dran geglaubt hab ich zu dem Zeitpunkt allerdings schon nicht mehr, weil ich ja bereits mehrere Wochen krankgeschrieben daheim war.

Insgesamt habe ich mir eine Auszeit von sechs Monaten genommen, dann war es mir so langweilig, dass ich mich wieder auf Jobs beworben habe. Gesundheitlich war ich zumindest wieder alltagstauglich und ich sah an Armen und Beinen auch nicht mehr aus wie ein Dalmatiner. Leider bedeutete der neue Job einen Ortswechsel von Wien in Richtung München. Ich hab damals beim Tegernsee gewohnt und bin nach München gependelt, der Job war wie für mich gemacht und ich war total froh, wieder eine Aufgabe zu haben. Drei Wochen ging es gut, dann bin ich vom Schreibtischstuhl gekippt – Herzrhythmusstörungen und ab ins Krankenhaus. Nachdem die auch nichts gefunden haben, hieß es erneut, dass es der Stress sei.

Drei Monate “Stresstherapie”…

Auch wenn ich nach wie vor überzeugt war, dass nicht der Stress mein Problem war, habe ich die Konsequenz gezogen und mich in einer psychosomatischen Hypnoseklinik gemeldet. “Wenn alle sagen, es ist der Stress, dann gehe ich diesen Weg eben”, war mein Gedanke. Mit dem Wissen, dass diese Einweisung das endgültige Aus für mein Medical (Voraussetzung, um als Pilotin zu arbeiten) sein würde, bin ich schweren Herzens den Schritt gegangen, denn immer noch besser stabil und fit und keine Pilotin, als die passende Hilfe nicht zu bekommen, um das Medical nicht endgültig zu gefährden. Spoiler: Es war natürlich nicht der Stress.

Die drei Monate in der Klinik konnten mir mit meinen Symptomen auch nicht helfen. Insbesondere die Beschwerden im Magen-Darm-Trakt wurden auch noch immer weiter schlimmer. Nach den drei Monaten wusste ich zwar immerhin, dass der Stress nicht die Ursache war, meine Symptome war ich aber noch immer nicht los. Trotzdem kann ich ganz klar sagen, dass ich die Zeit in der Klinik dort auf keinen Fall missen möchte, denn letztlich hat die Therapie dort mir so viele Tools und Wissen an die Hand gegeben, ohne die ich das, was noch kommen sollte, nicht so einfach hätte durchstehen können. Denn auch das alles war erst der Anfang, was ich zum Glück damals noch nicht wusste.

Darm ohne Charme…

Nachdem ich nun keinen Job und auch keine Wohnung mehr hatte – Wien war ja geräumt, der Job in München weg und einen Mietvertrag hatte ich dort zum Glück noch nicht unterzeichnet, weil ich die erste Zeit in einer Ferienwohnung war – bin ich zurück zu meinen Eltern in den Westerwald. Wie die Zwischenüberschrift vermuten lässt, war es der Darm, der mir mit wenig Charme das Leben schwer machte. Zu Höchstzeiten hatte ich bis zu 30 Durchfällen am Tag, begleitet mit teils so massiven Schmerzen, dass ich nicht mal aus dem Bett aufstehen konnte. In den ersten Wochen und Monaten der Diagnostik erlebte ich zwei Dinge, die bis heute zu den beschämendsten Erlebnissen zählen, die ich je erleben musste.

Nachdem alle möglichen Auslassdiäten nichts gebracht haben, schickte mein Arzt mich in eine Allergieklinik, weil auch meine immer mal wieder vorhandenen Atemprobleme zu einer Allergie passen würden. Dort angekommen wurde ich auf Kartoffeln, Reis und Wasser gesetzt, damit meine Durchfälle sich lindern sollten, um mit den Provokationstests starten zu können. Nach eine knappen Woche hatte ich aber noch immer Durchfälle, was sich niemand dort erklären konnte und was dazu führte, dass man mir nicht glaubte. Ich musste also nach meinem Stuhlgang erst einmal klingeln, damit die Schwester einen Blick ins Klo werfen konnte. Das ist echt so richtig entwürdigend! Immerhin hat man mir geglaubt und ich wurde ohne Provokationstests entlassen. Man bescheinigte mir, dass es zwar sein könne, dass auch eine Allergie oder Unverträglichkeit vorliege, diese aber sicher nicht ursächlich sondern wenn nur verstärkend sei. Testen könne man es leider nicht, solange ich selbst unter Kartoffeln, Reis und Wasser mit Durchfällen zu kämpfen hätte. Allerdings fand man dort im Stuhl einen Parasiten, dessen Behandlung aber auch keine Linderung brachte.

Im Anschluss stand eine Magen- und Darmspiegelung an, welche jedoch auch ohne Befund blieb. Ich hatte also schreckliche Durchfälle und niemand konnte mir helfen. Diagnose: Reizdarm. Ich habe also nach dem besten Spezialisten für Reizdarm-Erkrankungen gesucht und war 2015 in Starnberg bei Prof. Storr. Dieser hat mich untersucht und anhand meiner Beschwerden noch einmal eine ganze Reihe Untersuchungen angeordnet. CT, MRT, spezielle Blutwerte und Co blieben aber ebenfalls ohne Befund, einzig der Glucose-Atemtest brachte eine SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) zum Vorschein. Bedenkt man, dass sie den Atemtest gar nicht mehr machen wollten, nachdem Laktose und Fructose ohne Befund waren, bin ich einfach nur froh, mich da durchgesetzt zu haben. Die Behandlung mit einem speziellen Antibiotikum brachte auch tatsächlich vorübergehend Linderung und ich war der glücklichste Mensch überhaupt. Bis es dann zurück kam und die Durchfälle weitergingen, auch ohne SIBO. Imodium wurde zu einer Dauergabe und nur so konnte ich überhaupt mal aus dem Haus. Von den Schmerzen reden wir nicht, da half gar nichts.

Ohne meine Eltern und meinen Hausarzt, der mit mir gemeinsam immer weiter gesucht und überlegt hat und auch abends spät im Notfall erreichbar war, hätte ich diese Zeit nicht durchgestanden.

Endlich eine Diagnose…

In all den Monaten habe ich nicht aufgehört, weiter zu recherchieren. Eine frühere Bekannte aus der Fliegerei hatte dann eines Tages einen entscheidenden Hinweis und sie brachte mich 2016 auf das Aerotoxische Syndrom. Ich meldete mich an der damals einzigen Stelle für diese Erkrankung in Göttingen an der Uniklinik und nachdem ich einen Fragebogen ausgefüllt hatte, wurde ich sehr schnell zu Untersuchungen eingeladen. Direkt mit der ersten Untersuchung stellte sich heraus, dass ich wirklich durch die Fliegerei und kontaminierte Kabinenluft erkrankt bin. Warum es mich nach so kurzer Zeit so schwer erwischt hatte und auch die Beschwerden trotz Berufsaufgabe weiter schlechter wurden, war erst mal noch ein Rätsel. Dieses löste dann eine genetische Untersuchung bei einem Umweltmediziner in Bayern, der mir nicht nur 22 Röhrchen Blut abzapfte, Speichel und Stuhl wollte, sondern auch eine massive genetische Entgiftungsstörung bescheinigte. So mies das alles auch war, so froh war ich doch, dass es endlich eine Erklärung für meine Beschwerden gab.

Es folgten mehrere Aufenthalte in verschiedenen Kliniken und Unikliniken um bestimmte Dinge zu untersuchen und am Ende hatte ich den ersten Pool an gesicherten Diagnosen: Aerotoxisches Syndrom mit einer kapillaren Minderperfusion mit Diffusionsstörung, eine Small Fiber Neuropathie, eine multiple Chemikalienunverträglichkeit, eine Sakkadenstörung der Augen und eine massive genetische Entgiftungsstörung. Viel machen konnte man nicht, aber immerhin hatte ich schwarz auf weiß, dass ich nicht verrückt war.

Als die nächste Hölle losbrach…

Um meinen Körper und insbesondere meine Entgiftung zu entlasten, beschloss ich, die Pille abzusetzen. Hätte ich gewusst, welche Büchse der Pandora ich damit öffne… Mit dem Absetzen der Pille und der Rückkehr des natürlichen Zyklus brach wirklich die Hölle los. Um meine Periode herum konnte ich vor Schmerzen kaum laufen, die Blutungen waren die Hölle, der ohnehin fast tägliche Durchfall potenzierte sich zu Periode und Eisprung noch mal und auch Migräneschübe kamen mit quasi jeder hormonellen Schwankung. Eineinhalb Jahre habe ich es versucht, aber es hat sich nichts eingependelt. Was man an dieser Stelle vielleicht erwähnen sollte: Vermutlich durch meine Genetik verstoffwechselt mein Körper manche Sachen scheinbar anders, weshalb bei mir auch viele Medikamente nicht wirken – unter anderem Schmerzmittel. Nur in den allerseltensten Fällen bringt mir ein Schmerzmittel mal eine Linderung.

Während dieser Zeit habe ich mich erstmal ganz intensiv mit diversen Zusammenhängen im Körper beschäftigt und damit, wie ich ihn gezielt mit natürlichen Dingen unterstützen kann. Schließlich wusste ich ja jetzt, dass mir chemische Substanzen in den meisten Fällen mehr Ärger als Hilfe bringen. Dank vieler einzelner kleiner Maßnahmen habe ich geschafft, im Großen und Ganzen einiges zu lindern.

Bei diesen ganzen Recherchen zu Ursachen und Möglichkeiten stieß ich auch auf Endometriose. Als ich mit diesem Verdacht zu meinem damaligen Gynäkologen ging, verordnete mir dieser (wie die meisten) erst einmal wieder Hormone. Dem habe ich auch zugestimmt, weil es mir ja trotz allem mit der Pille noch besser gegangen war. Dummerweise wollte die Pille aber nicht mehr wirken. Mein Gynäkologe äußerte die Vermutung, es könne daran liegen, dass sie durch die Durchfälle nicht aufgenommen würde und so kam ich zur Dreimonatsspritze, um den Magen-Darm-Trakt zu umgehen. Was soll ich sagen – ich bekam Dauerblutungen, Dauerschmerzen, Krämpfe und noch mehr Durchfälle. “Das ist die Umstellung, das muss sich erst einpendeln und kann bis zu sechs Monaten dauern”, war die Aussage meines Gynäkologen und so ließ ich mir sogar die zweite Dreimonatsspritze verpassen – ohne Erfolg. Ich hatte am Ende sogar Einblutungen in der Gebärmutter und es musst eine Ausschabung gemacht werden. Bevor das soweit war, hatte ich aufgrund der zunehmenden Beschwerden allerdings erneut Darmuntersuchungen.

Bei diesen Untersuchungen wurden im Frühling 2019 noch einmal eine Magen- und Darmspiegelung, ein Sellink MRT und ein Hinton Test gemacht. Bis auf den Hinton Test (hier schluckt man sechs Tage lang immer zur gleichen Uhrzeit eine Kapsel mit Röntgen-Markern und am siebten Tag wird der Bauch geröntgt, um zu sehen, wo in der Darmpassage die Marker sind und Rückschlüsse zu ziehen, ob die Magen-Darm-Passage normal, zu schnell oder zu langsam ist) waren alle Ergebnisse negativ. Bei dem Hinton Test waren von den zu erwarteten 20-40 Markern noch genau einer da, weshalb man mir sogar indirekt unterstellte, ich hätte die Kapseln nicht genommen. Leider konnte der Chefarzt in dem Krankenhaus mit dem Ergebnis nichts anfangen, er hatte scheinbar keine Idee, warum meine Magen-Darm-Passage so massiv beschleunigt war. Hier folgt das zweite extreme Erlebnis, was ich mit einem Arzt hatte, als er mir, die mit Anfang 30 erwerbsunfähig berentet war, ins Gesicht sagte: “Frau Kugelmeier, Sie müssen sich nur endlich wieder einen Job suchen und arbeiten. Wenn Sie sich dann wieder als wertvollen Teil der Gesellschaft sehen können, geht es Ihnen auch körperlich besser. Das Finanzamt zum Beispiel, die nehmen auch behinderte”. Meiner Mama, die mit in der Befundbesprechung war, sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Sie hat ihm auch Paroli geboten, aber ich war echt sprachlos und hab auch ziemlich viel geweint im Anschluss.

Diagnose Endometriose…

Im August 2019 stand dann die Abrasio an. Gleichzeitig sollte eine Spirale eingesetzt werden, auch ein Versuch, meine Blutungen und Schmerzen hormonell in den Griff zu bekommen. Auf meinen eigenen Wunsch und mein Drängen wurde in einem Eingriff noch eine Bauchspiegelung gemacht, um nach Endometriose zu schauen. Auch wenn die Ärztin*innen in dem Krankenhaus (auch Endozentrum) nicht glaubten, etwas zu finden. Vereinbart wurde, dass im Falle eines Fundes direkt alles entfernt werden soll. Angesetzt war der Eingriff ambulant und für etwa eine Dreiviertelstunde, nach dreieinhalb Stunden kam ich aus dem OP – Diagnose ausgeprägte Endometriose und keine Einlage einer Spirale möglich, weil mein Körper sie dreimal während des Eingriffs ausgestoßen hatte; und das trotz Narkose. Aus dem ambulanten Eingriff wurden drei Tage stationär, weil meine inneren Wunden zu groß waren.

Leider ging es mir nach dem Eingriff nur für eine sehr kurze Zeit besser, bevor alles noch schlimmer wurde als zuvor. Die Schmerzen im Unterleib zwangen mich immer öfter in die Knie und ich konnte nicht mal mehr sitzen. Nach wenigen Minuten Sitzen oder nach vorn gebeugt sein habe ich es vor Schmerzen nicht mehr ausgehalten. Ich war völlig verzweifelt. Mein (inzwischen neuer) Gynäkologe hatte nur noch die Idee von GnrH-Analoga und künstlichen Wechseljahren. Ich hatte gefühlt wirklich nichts mehr zu verlieren und stimmte zu. Ohne Zyklus ging es mir direkt besser. Ich hatte nach der Umstellung und dem Einsetzen der künstlichen Wechseljahre keine Blutungen mehr und auch meine generellen Unterleibskrämpfe und Schmerzen wurden besser. Ebenso meine Migräne. Nur Sitzen konnte ich noch immer nicht und die Schmerzen, die bis ins linke Bein zogen, blieben ebenfalls.

Die nächste Recherche begann und ich stieß auf den Blog von Prof. Possover und auf Endometriose an den Beckennerven. Es passte einfach so ziemlich alles.

Von Fehldiagnosen und meiner persönlichen Rettung durch Corona…

Ich suchte und suchte und mir wurde immer klarer, dass meine Beschwerden komplett zu Endometriose an den Beckennerven passen würden. Also habe ich nach einem Arzt gesucht, der sich damit (dem Gebiet der Neuropelveologie) auskennt. Ich stieß auf einen Arzt in Dernbach, der damit warb und machte einen Termin, denn ein Besuch bei Prof. Possover in der Schweiz war finanziell nicht möglich. Dieser Arzt in Dernbach schien auch der einzige in Deutschland zu sein. Ich fuhr also hin und er bestätigte mir alle meine Vermutungen. Massiver Befall an Ischias links und Pudendus beidseitig, OP gute zwei Monate später im April 2020. Nach der OP sei ich sicher beschwerdefrei, so versprach er mir. Aufgrund meiner Adenomyose würde er mir auch in einem die Gebärmutter mit entfernen. Der Plan stand.

Auf Instagram fand ich dann meine heutige enge Freundin, die kurz nach meinem ersten Termin in Dernbach ihre OP an den Nerven dort hatte. Ich schrieb ihr, ob sie mir etwas dazu erzählen könne, und wir blieben in Kontakt. Was meine absolute Rettung war, denn ihre OP verlief nicht wie geplant. Und die von einigen anderen, was ich dadurch mitbekam, auch nicht. Ganz vielen ging es im Anschluss wesentlich schlechter, teils so extrem, dass sie nicht mal mehr richtig laufen konnten. Das alles war zeitgleich mit dem Beginn von Corona, als es Kontaktsperren gab und Operationen abgesagt wurden. So auch meine. Einen späteren Termin habe ich dann abgelehnt, weil auch zu dem Zeitpunkt kein Besuch erlaubt war und ich mir ein Wachwerden ohne meinen Mann oder meine Mama nicht vorstellen konnte. Außerdem war ich wirklich nicht mehr überzeugt von dem Arzt und recherchierte immer weiter. Mein Glück! Ins Detail gehe ich hier nicht, aber besagter Arzt musste das Krankenhaus kurze Zeit später unfreiwillig verlassen.

Im Dezember machte ich mir dann einen Termin in der Schweiz, ich wollte Klarheit, koste es, was es wolle. Und diesen Termin werde ich nie vergessen! Corona mit den verschobenen und abgesagten Operationen und die Erfahrungen meiner Freundin hatten mich gerettet. Keine der in Dernbach gestellten Diagnosen hat sich bewahrheitet, die geplante Operation hätte mich umbringen können, erklärte mir Prof. Possover anhand meiner tatsächlichen Diagnosen.

Man kann auch Flöhe und Läuse und mehr haben…

Was in der Schweiz schließlich zum Vorschein kam, war eine echte Überraschung. Meine Gebärmutter sah im Farb-Doppler-Ultraschall aus, wie ein bunter Blumenstrauß. Leider waren es alles Krampfadern und wilde Gefäße, welche dort nicht hätten sein dürfen. Verursacht durch ein stark ausgeprägtes May Thurner Syndrom, welches für einen Blutstau in den Unterleib sorgte und ein Pelvic Congestion Syndrom auslöste. Daher auch die Schmerzen, meine Gefäße waren schuld, allen voran meine linke Beckenvene, meine Nerven hingegen waren völlig in Ordnung. Als Verdacht stand noch ein Nussknacker-Syndrom im Raum, welches sich aber später nicht bestätigte.

Mit diesem Wissen suchte ich mir einen Arzt in Deutschland, welcher sich mit dem May Thurner Syndrom auskennt und landete in Arnsberg. Dort bestätigten sich die Diagnosen May Thurner und Pelvic Congestion Syndrom und mir wurde ein Stent in die linke Beckenvene gesetzt. Was für eine Erlösung! Ich konnte wieder sitzen, hatte keinen halbstündlichen bis stündlichen Harndrang (auch nachts) mehr und auch meine Schmerzen im Unterleib wurden besser. Dank GnrH-Analoga war ich noch immer hormonell stabil, aber eine Dauerlösung waren die leider nicht.

Einzig mein Darm machte nach wie vor Probleme. Und diese wurden auch phasenweise immer schlimmer. Nach dem Essen bekam ich an manchen Tagen so starke Schmerzen und Durchfälle, dass ich auf der Toilette fast vor Schmerz kollabierte. Und diese manchen Tage wurden immer regelmäßiger. Nur sehr wenige Mahlzeiten konnte ich essen, ohne im Anschluss die Hölle zu durchschreiten.

Nachdem ich zwischenzeitlich ja erfahren hatte, dass es Kompressionssyndrome der Gefäße gibt, habe ich mich in dem Bereich schlau gemacht. Wie bei all meinen Erkrankungen, denn Wissen ist Macht und kenne deinen Feind und so. Und so laß ich vom Dunbar Syndrom (auch bekannt als MALS), bei dem der Truncus coeliacus meist durch das Ligamentum arcuatum medianum oder andere Strukturen komprimiert wird. Ich suchte also wieder einen Spezialisten und fand eine Ärztin in Reinbek. Diese bestätigte die Diagnose mittels Ultraschall und speziellem MRT und es stand die nächste Operation an. Ein recht schwerer minimalinvasiver Eingriff, bei der das Ligamentum und ein Teil des Zwerchfells aufgetrennt werden, damit der Truncus Coeliacus die Organe im Bauchraum wieder frei mit Blut versorgen kann. Dieser Eingriff war im Juni 2022 und hat mir unglaublich viel Lebensqualität zurückgegeben.

Weg, was man nicht zwingend braucht…

Im Rahmen der Dunbar-OP wurde in einem anschließenden Eingriff in einer Narkose auch meine Gebärmutter entfernt. Dies war ohnehin geplant, da auch mit dem Stent die Beschwerden dort nicht gut genug zurück gingen. Ich bin dem Arzt in Reinbek bis heute dankbar, dass er der doppelten OP zugestimmt hat und mir so eine weitere Narkose mit meiner Entgiftungsstörung erspart wurde, viel mehr aber noch, dass er mir vorschlug und bereit war, mir meine Eierstöcke mit zu entfernen und auf meinen Wunsch auch meinen Gebärmutterhals nicht stehen zu lassen. Er meinte, dass es keinen Sinn machen würde, die Eierstöcke zu erhalten, wenn es mir mit GnrH-Analoga gut ginge. Diese Therapie war nämlich endlich und eine Entfernung der Gebärmutter hilft zwar, um keine Blutung mehr zu haben, aber mit den Eierstöcken bliebe der Zyklus. Dieser Schritt war für mich die beste Entscheidung überhaupt, weil ich seitdem tatsächlich im Kontext der Endometriose sehr beschwerdefrei bin. Ich habe eine angepasste Hormonersatztherapie und ohne die natürlichen Schwankungen durch einen Zyklus bin ich so viel stabiler! Meine Einstellung, weg mit allem, was Ärger macht und man nicht zwingend braucht, hat sich wirklich ausgezahlt.

Einzig geblieben waren die Durchfälle. Seit der Dunbar-OP zwar seltener und ohne Schmerzen, aber dennoch sehr einschränkend. Meine letzte große Station im israelitischen Krankenhaus in Hamburg hat schlussendlich die Lösung gebracht: cholerinerge Durchfälle aufgrund eines Gallensäureverlustsyndroms. Seit Herbst 2023 nehme ich nun vor meinen Hauptmahlzeiten ein Medikament und habe meinen Darm damit relativ gut im Griff. Ja, es gibt nach wie vor immer mal wieder Tage mit Durchfällen und auch vor einer Gastritis, die immer mal wieder etwas aufflammt, bin ich nicht gänzlich verschont, aber alles in allem kann ich sagen, dass ich wirklich stabil bin. Toi, toi, toi und auf Holz geklopft!

Ende gut, alles gut…?

Wie sagte Oscar Wilde einst: “Am Ende ist alles gut, ist es nicht gut, ist es nicht das Ende.” Daran glaube ich fest. Die meisten meiner Erkrankungen sind chronisch und beeinträchtigen mich auch jeden Tag, aber einen großen Teil der Symptome habe ich mal besser und mal schlechter im Griff, weil ich gelernt habe, wie ich meinen Körper bestmöglich unterstützen kann. Und all diese Learnings, dieses Aneignen von Wissen, das Anderen helfen, all das hat mich zu meiner heutigen Leidenschaft geführt, die ich mit Studium und Ausbildungen professionalisiere. Und das ist wirklich etwas, woran ich nicht geglaubt habe, dass ich nach der Fliegerei jemals wieder etwas finden kann, was mich beruflich so erfüllt. Auch wenn der Weg hierhin kein leichter war und ich ihn freiwillig wohl nicht gegangen wäre, so bin ich vielen Dingen doch auch dankbar, weil sie wunderbare Menschen und Dinge in mein Leben gebracht haben, die ich sonst nicht hätte.

Ob das jetzt das Ende ist? Wahrscheinlich nicht. Aber es ist zumindest gut und kann vielleicht sogar noch besser werden. Und wenn wieder etwas schlechter wird, mache ich das, was ich in den letzten Jahren gelernt habe: Recherchieren, Suchen, Ausprobieren und nicht locker lassen, bis ich eine Lösung habe.

Diagnosen-Sammelsurium

  • Endometriose & Adenomyose (heute keine Gebärmutter, Eierstöcke und Co mehr)
  • Migräne (mit Aura)
  • genetische Entgiftungsstörung (der richtig ungünstigen Art)
  • multiple Chemikalien-Sensitivität
  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Störungen der Verstoffwechselung einiger Stoffe und Medikamente (vermutlich durch die Entgiftungsstörung)
  • May Thurner Syndrom
  • Dunbar Syndrom
  • Pelvic Congestion Syndrom
  • chronische Probleme mit Schwindel
  • Aerotoxisches Syndrom
  • Small Fiber Neuropathie
  • kapillare Minderperfusion mit Diffusionsstörung (Sauerstoffaufnahmestörung)
  • Sakkadenstörung der Augen